Stellungnahme des ADFC Offenburg zum Umbau der Moltke- und Weingartenstraße
Pressemitteilung des ADFC Offenburg vom 26. Mai 2023 + 21.07.2023
Pressemitteilung und offener Brief des ADFC Offenburg vom 21. Juli 2023
Position zur aktuellen Debatte um die Neuplanung von Moltke- und Weingartenstraße: Baumschutz und Verkehrssicherheit sind vereinbar
aus Sicht des ADFC Offenburg dreht sich der Konflikt an Moltke- und Weingartenstraße nicht um Radwege, denn niemand stellt die Notwendigkeit einer sicheren Radinfrastruktur an diesen Straßen in Frage – und auch nicht um Bäume, denn alle Beteiligten haben erklärt, so viele Bäume wie möglich erhalten und neu pflanzen zu wollen.
Es geht darum, dass der öffentliche Raum zu knapp ist, um allen aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden: Klimaschutz und Klimaanpassung, mangelnde Barrierefreiheit, Verkehrssicherheit, leistungsfähiger ÖPNV, immer mehr und immer größere Autos, Lärm- und Staubbelastung, funktionierende City-Logistik und viele weitere.
Die Flächen kann man nicht vergrößern, aber fehlenden Platz sollte man zuallerletzt den Bestandsbäumen wegnehmen.
Einbahnstraßen machen Platz frei:
Deshalb begrüßt der ADFC Offenburg verschiedene Debattenbeiträge, u.a. von Herrn Einstein und Herrn Binkert, die für die Offenburger Oststadt oder sogar die Gesamtstadt großräumige Einbahnregelungen für den Kfz-Verkehr vorschlagen.
Eine solche Lösung kann ein sehr großer städtebaulicher Fortschritt für Offenburg sein, wenn eine Umsetzung mit nur einer durchgängigen Kfz-Spur gelingt. Dadurch würden nicht nur entlang von Moltke- und Weingartenstraße, sondern auch an Ortenberger, Wilhelm- und Rammersweier Straße große Flächen frei für gute, sichere Geh- und Radwege, gesäumt von alten Bestandsbäumen und viel neuem Grün.
Bereits im aktuell offenliegenden Rahmenplan für das Bahnhofsquartier zeigt sich, dass auch auf der Rammersweierstraße der vorhandene Querschnitt nicht ausreichen wird, um alle verkehrlichen und städtebaulichen Ziele zu erreichen. Diese Problematik könnte mit einer großräumigen Einbahnregelung ebenfalls gelöst werden.
Auch in der Verkehrsabwicklung haben Einrichtungsverkehre Vorteile: Viele Abbiegebeziehungen und kreuzende Verkehre entfallen, Ampelschaltungen werden vereinfacht und der Verkehrsfluss verbessert sich.
Weiterplanen für ein zukunftsfähiges und lebenswertes Offenburg!
Nach den emotionalen Reaktionen auf die möglichen Baumfällungen werden aktuell von vielen Akteuren gute Ideen eingebracht, wie die Verkehrswende in Offenburg konkret umgesetzt werden kann.
Deshalb ist es gut, dass die Verwaltung in der kommenden Gemeinderatssitzung am 24.07. detaillierte Prüfaufträge vom Gemeinderat entgegennehmen will, um Leitlinien für die folgenden Planungsschritte zu haben. Auch befürwortet der ADFC eine weitere Bürgerbeteiligung und wird sich selbst in die Planungen einbringen.
Da die Überplanung und Umgestaltung noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, unterstützt der ADFC einfach und kostengünstig herzustellende Zwischenlösungen zur Entschärfung von Gefahrenstellen, wie z.B. Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht in Kombination mit Tempo 30 und Halteverbote in Bereichen, in denen Radwege direkt an parkenden Fahrzeugen entlangführen. Diese könnten im Rahmen einer Begehung der Straßen mit Verkehrsbehörden, Polizei, Politik und Bürgern diskutiert werden.
Eine generelle Absage an eine zukunftsfähige städtische Infrastruktur stellt jedenfalls keine Alternative dar und auch eine Vertagung der Thematik wird nicht zu einer Lösung der bestehenden Konflikte führen, zumal die Zeit angesichts der drängenden Probleme nicht unendlich ist. Der Masterplan Verkehr, dessen Zielen fast alle Gemeinderäte zustimmen, gibt den notwendigen Veränderungen bis 2035 eine Richtung, entgegen den im letzten Verkehrsausschuss am 12.07.2023 mehrfach geäußerten Befürchtungen aber keinen starren Rahmen.
Jetzt gilt es, gemeinsam funktionierende Lösungen zur Umsetzung zu entwickeln und für die vorhandenen Zielkonflikte die besten Kompromisse für die Stadt zu finden.
Pressemitteilung des ADFC Offenburg vom 26. Mai 2023
Aus Sicht des ADFC Offenburg hat der Gemeinderat mit der Vorzugsvariante für den Umbau von Moltke- und Weingartenstraße eine zusammenhängende, zukunftsfähige Planung für die beiden Hauptverkehrsachsen zur vertiefenden Untersuchung beschlossen. Die Planungen beheben aus Sicht des ADFC viele der Nachteile der bestehenden Radwege und ermöglichen deutliche Verbesserungen für den Fußverkehr, für die Barrierefreiheit und für den Busverkehr. Gut ist, dass durch die ganzheitliche Planung der Verkehrsachsen im Laufe der kommenden Jahre einheitliche Lösungen für sichere Verkehrswege entstehen können und nicht Stückwerk, wie es zum Beispiel an der parallel verlaufenden Achse Ortenberger Straße – Wilhelmstraße – Rammersweier Straße zu besichtigen ist.
Wie sich an der öffentlichen Diskussion der vergangenen Tage zeigt, sind Stadtbäume ein sehr emotionales Thema – das findet der ADFC gut! Es muss um jeden Baum gerungen werden, überall in der Stadt. Gerade die „unklimatisierten“ Zufußgehenden und Radfahrenden profitieren enorm vom kühlenden Baumschatten entlang ihrer Wege.
Während der ADFC nur einige wenige verkehrsplanerische Details an der Vorzugsvariante kritisiert, sollte der Hauptaugenmerk in der vertiefenden Untersuchung der Vorzugsvariante darauf gelegt werden, zukunftsfähige Verkehrsplanung und Baumerhalt unter einen Hut zu bekommen. Dazu bestehen einige Möglichkeiten – ganz konkret könnte z.B. im Abschnitt der Moltkestraße zwischen Weingarten- und Zeller Straße auf geplante Fahrbahnaufweitungen verzichtet werden, wodurch möglicherweise über 20 weitere Bestandsbäume erhalten werden können.
Klar ist aber, dass es nicht beides geben kann – langfristige Verbesserungen der Verkehrsinfrastruktur im Sinne einer lebenswerteren, zukunftsfähigen und auch umweltfreundlicheren Stadt und den Erhalt von jedem einzelnen Bestandsbaum. Diese sorgfältige Abwägung muss Teil der weiteren Planung sein. Teilweise besteht im Verlauf der Straßen durch die Umplanung sogar die Chance, neue Flächen für Bäume und Grün in der Stadt zu gewinnen, die bisher asphaltiert sind, so etwa beim Kronen- oder Kirschareal, sodass die Baumbilanz langfristig deutlich positiv ist.
Für diejenigen, die die Überplanung dieser beiden wichtigen innerstädtischen Verkehrsachsen und (nicht zu vergessen) Wohnstraßen aktuell komplett in Frage stellen, hilft es vielleicht, zu erinnern, dass die von der Stadt vorgestellte und vom Gemeinderat beschlossene Vorzugsvariante die logische Folge vergangener Gemeinderatsbeschlüsse ist. Moltke- und Weingartenstraße sind bereits seit über 10 Jahren Maßnahmenachsen in den städtischen Fahrradförderprogrammen und das nicht ohne Grund, denn es gibt viele, auch sicherheitsrelevante, Defizite im Straßenraum:
Die Radwege und teils auch die Gehwege sind schmal, der Belag ist oft sehr schlecht. Radfahrende sind schlecht gegen Rechtsabbieger geschützt und fahren teils versteckt hinter parkenden Autos, es ist in der Vergangenheit zu Rechtsabbiegeunfällen gekommen. Die Gehwege sind nirgends barrierefrei, es gibt keine Leitsysteme, dafür aber zahlreiche Behinderungen durch holprige Bordsteine, fehlende Querungsstellen und Einfahrten über die komplette Gehwegbreite. Bushaltestellen liegen so, dass Fahrgäste direkt auf den Radweg aussteigen, und schmale Radwege liegen so nahe an parkenden Autos, dass eine offene Autotür fast den gesamten Radweg versperrt. Dazu kommt, dass einige der Bestandsbäume in Baumquartieren sitzen, die durch Parkplätze sehr eingeengt sind. Zu alledem entspricht die Infrastruktur in weiten Teilen schon lange nicht mehr den aktuellen technischen Regelwerken wie RASt, ERA oder EFA.
Für die immer zahlreicher anzutreffenden Lastenräder, Kinderanhänger oder Berufspendler auf verhältnismäßig schnellen E-Bikes, die andere überholen wollen, ist die aktuelle Radinfrastruktur überhaupt nicht gerüstet.
Jeder Weg, der zukünftig auf dem Rad, zu Fuß, im Bus und nicht im Auto zurückgelegt wird, hilft nicht nur dem Klima, sondern macht auch städtischen Platz frei – Platz, der langfristig für mehr Grün genutzt werden kann.